Schwebende Bahnen, schwimmende Klötze, gescheiterte Versuche

02. April 2019, NEXPO Team

Seit 136 Jahren versetzt sie das Land ins Staunen. Bereits sechs Mal fand in der Schweiz eine Landesausstellung statt. Stets präsentierte sie technische Meilensteine, trotzte beiden Weltkriegen und sorgte immer wieder für Überraschungen. Wir werfen einen Blick auf die bewegte Geschichte der Landesausstellung:

1883: Bahnbrechende Ereignisse

Der grosse Saal der Tonhalle bei der Eröffnung der schweizerischen Landesausstellung am 1. Mai 1883. Fotografiert von den Schautafeln der Archäologischen Grabung Parkhaus Opéra in Zürich (Schweiz).
Bild Akkreditierung Wikimedia Commons

Zwar fanden schon vor 1883 immer wieder kantonale und nationale Ausstellungen statt, doch waren diese meist von gewerbeschaulichem Charakter. Und so öffnete am 1. Mai 1883 auf dem Zürcher Platzspitz die erste offizielle Landesausstellung der Schweiz ihre Tore. Sie stand ganz im Zeichen des industriellen Fortschritts und diente der Zurschaustellung der vollbrachten Leistungen. Die Eröffnung der Gotthardbahn im Vorjahr kam da äusserst gelegen.

"Und so öffnete am 1. Mai 1883 auf dem Zürcher Platzspitz die erste offizielle Landesausstellung der Schweiz ihre Tore. Sie stand ganz im Zeichen des industriellen Fortschritts und diente der Zurschaustellung der vollbrachten Leistungen."

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1896: Die Militarisierung der Expo

Armaturen Landesausstellung in Genf, 1896
Ausstellung von ersten Armaturen an der Landesausstellung in Genf, 1896.
Foto: SimilorSchweiz, CC BY-SA 4.0

Mit der Schweizer Armee konnte die Genfer Ausgabe im Jahr 1896 einen wichtigen neuen Akteur hinzugewinnen. Ausserdem sollte das Publikum mit einem Vergnügungspark neben dem offiziellen Gelände angelockt werden. Am Ende fanden sich über 2 Millionen Besucherinnen und Besucher ein womit man jedoch deutlich hinter den Erwartungen der Organisatoren zurückblieb.

Schuld war wohl das schlechte Wetter in jenem Jahr, das viele fern bleiben liess. Die Zuhausegebliebenen verpassten unter anderem das Village Suisse – den grossflächigen Nachbau eines Schweizer Bergdorfes in seiner ganzen Idylle.

"Am Ende fanden sich über 2 Millionen Menschen womit man jedoch deutlich hinter den Erwartungen der Organisatoren zurückblieb."

1914: Dem Krieg zum Trotz

Katalog Schweizerische Landesausstellung 1914
Katalog für die Schweizerische Landesausstellung 1914 in Bern, Jules Courvoisier (1884–1936).
Bild Akkreditierung, Wikimedia Commons

Die Zeit vor der Landesausstellung 1914 in Bern war geprägt von Spannungen zwischen Industrie und Gewerbe sowie der Deutschschweiz und der Romandie. Kritisiert wurde von den Welschen insbesondere der zu sehr an Deutschland erinnernde Architekturstil der Ausstellungsbauten. Trotzdem besuchten über 3 Millionen Menschen die Expo – 84% der damaligen Wohnbevölkerung. Auch das Ausland zeigte Interesse, wie der Besuch des belgischen Königs Albert I eindrücklich belegt.

Hauptattraktionen waren unter anderem der Nachbau eines typischen Berner Bergdorfes und der Dammahütte des Schweizerischen Alpenclubs. Überschattet wurde der Grossanlass vom Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Als am 1. August zur Mobilmachung aufgerufen wurde, überlegte man kurzzeitig, die Ausstellung frühzeitig abzubrechen. Der Bundesrat lehnte dies jedoch ab und nutzte den Anlass, um das Volk zum Kauf von einheimischen Waren aufzurufen.

1939: Die Seilbahn als verbindendes Element

Stadtquartier: Enge, Mythenquai bei 75
Stadtquartier: Enge, Mythenquai bei 75
Baugeschichtliches Archiv Datierung: 1939, Creative commons BY SA 4.0 (CC BY-SA 4.0)
"Unvergessen bleibt das unbestrittene Highlight der Landi: die Luftseilbahn über den Zürichsee, welche die Ausstellungsplätze Landiwiese und Zürichhorn miteinander verband."

Auch die Landi 39 fand vor düsterer Kulisse statt: Der Zweite Weltkrieg brach während des Anlasses aus und beeinflusste die Wahrnehmung des Publikums nachhaltig. Regierung und Veranstalter nutzten die Konstellation, um mit der Ausstellung das Volk auf eidgenössische Traditionen, die schweizerische Identität und insbesondere den nationalen Zusammenhalt einzuschwören. Unvergessen bleibt das unbestrittene Highlight der Landi: die Luftseilbahn über den Zürichsee, welche die Ausstellungsplätze Landiwiese und Zürichhorn miteinander verband. Über 700'000 Besucherinnen und Besucher leisteten sich die Fahrt für CHF 1.50, was damals dem Stundenlohn einer Fabrikarbeiterin resp. eines Fabrikarbeiters entsprach.

1964: Gulliver und das U-Boot

Pavillon der Schweizer Armee an der Expo 64 zum Thema "Wehrhafte Schweiz".
ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Comet Photo AG (Zürich), Com_BC25-004-016 (CC BY-SA 4.0)

Sämtliche 3089 Gemeindefahnen der Schweiz wehten an der Pyramide, welche zum Sinnbild der Expo 64 in Lausanne wurde. Daneben sorgten insbesondere eine Monorail, die rotierende Aussichtsplattform Télécanapé und der igelförmige Pavillon des Militärdepartements für Aufsehen. Erstmals standen in Lausanne auch gesellschaftspolitische Fragen im Zentrum. So befragte eine riesige Gulliver-Figur die Besuchenden zu ihren Meinungen. Die bundesrätliche Zensur – die Antworten auf Fragen zu brisanten Themen wie Abtreibung und Dienstpflicht wurden nie publik – gab Anlass zu Kritik und ging als «Gulliver-Affäre» in die Geschichte ein. Für Aufruhr im positiven Sinne sorgte das von Jacques Piccard eigens für die Expo konstruierte U-Boot: das erste und bis heute noch grösste U-Boot für touristische Zwecke. Für CHF 40.- konnte man sich im Genfersee 25 Minuten lang 150 Meter unter den Seespiegel begeben. Heute ist das U-Boot im Verkehrshaus Luzern ausgestellt.

"Die bundesrätliche Zensur – die Antworten auf Fragen zu brisanten Themen wie Abtreibung und Dienstpflicht wurden nie publik – gab Anlass zu Kritik und ging als «Gulliver-Affäre» in die Geschichte ein."

1991: Ein Jubiläum ohne Landesausstellung

1991, anlässlich des 700-Jahr-Jubiläums der Eidgenossenschaft, sollte eine nächste Landesausstellung, diesmal in der Innerschweiz, stattfinden. Da dieses Vorhaben schon 1985 am Stimmvolk des Kantons Luzern scheiterte, wurde für die übrigen Innerschweizer Kantone ein dezentrales Konzept erarbeitet, das aber wenig Begeisterung weckte. Das «Bündel von Ereignissen» erhielt den Todesstoss, als am letzten Aprilsonntag des Jahres 1987 auch die Kantone Obwalden, Nidwalden, Schwyz, Zug und Uri die benötigten Kredite ablehnten. Stattdessen wurde in Zürich die nationale Forschungsausstellung «Heureka» realisiert.

2002: Ins neue Millennium

Arteplage in Neuchâtel während der Expo02.
Lizenz: GFDL von wikipedia.fr

Für die bisher letzte Expo auf Schweizer Boden schlossen sich 2002 die Regionen Biel, Jura, Murten, Yverdon und Neuenburg zusammen. Eine Zangengeburt: Wiederholt war das Anliegen in den Jahren zuvor gescheitert. Aber die gewaltigen Konstruktionen im Murten- und Neuenburgersee zogen die Besucherinnen und Besucher an der Grenze zwischen Deutsch- und Westschweiz in ihren Bann. Herzstück der Expo.02 war die Arteplage um das Bieler Seebecken, dem Epizentrum zahlreicher Ausstellungen und Kunstinstallationen. Obwohl der Mega-Event vorab in das Kreuzfeuer der Kritik geraten war – die Kosten überstiegen den budgetierten Rahmen bei weitem und Umweltschützer sorgten sich um Naturschutzgebiete – entwickelte sich die Expo.02 zu einem Publikumsmagneten und übertraf mit mehr als 10 Millionen Eintritten alle Erwartungen.

"Obwohl der Mega-Event vorab in das Kreuzfeuer der Kritik geraten war – die Kosten überstiegen den budgetierten Rahmen bei weitem und Umweltschützer sorgten sich um Naturschutzgebiete – entwickelte sich die Expo.02 zu einem Publikumsmagneten und übertraf mit mehr als 10 Millionen Eintritten alle Erwartungen."

2016: Der geplatzte Traum

2016 musste auch die Ostschweiz ihre Träume von einer eigenen Landesausstellung begraben: Sowohl die Thurgauer als auch die St.Galler Stimmberechtigten lehnten die Planungskredite von 3 respektive 5 Millionen Franken für die Expo2027 ab.

…2028: Dezentral, Partizipativ und Evolutiv

Wie geht es weiter? Wie wird das innovative Konzept der NEXPO für eine zukünftige Landesaustellung aufgenommen? Kann die Erfolgsgeschichte der Landesaustellung weitergeschrieben werden? Mehr Gedanken dazu teilen das Kuratoren Team Juri Steiner und Anne-Outram Mott in diesem Interview.

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